Forschung an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie
AG Neurophysiologie
Translationale Kinder- und Jugendpsychiatrie

Translationale Kinder- und Jugendpsychiatrie
In der translationalen Kinder- und Jugendpsychiatrie integrieren wir gezielte Metabolomik (Tryptophan, Tyrosin) und Neurochemie in einen systembiologischen Rahmen, um die Achse zwischen Gehirn, Geist und Körper – einschließlich der Immunfunktion, der Regulation der HPA-Achse und des Darmmikrobioms – zu erforschen. Mit einem ganzheitlichen, lebensspannenorientierten Ansatz untersuchen wir, wie Lebensstil und umweltbedingte Risikofaktoren wie Ernährung, körperliche Aktivität und psychosoziale Stressoren die neurologische Entwicklung und psychiatrische Ergebnisse beeinflussen. Mit Schwerpunkt auf personalisierter und präzisionsmedizinischer Behandlung nutzt unsere Forschung nicht-invasive Biosampling-Methoden, um biomarkergestützte, longitudinale und transdiagnostische Studien zu ermöglichen. Durch multidisziplinäre und interdisziplinäre Zusammenarbeit wollen wir Vorhersagemodelle und polyomische Risikobewertungen entwickeln, um veränderbare Wege der Vulnerabilität und Resilienz zu identifizieren und letztlich frühzeitige Interventionen und nachhaltige Strategien für die psychische Gesundheit junger Menschen zu ermöglichen.
Labor für Psycho-Omics, systemische Intervention und Translation (POSIT)
Um die translationale Kinder- und Jugendpsychiatrie voranzubringen, integriert unser Labor modernste analytische, molekulare, zelluläre, klinische und computergestützte Ansätze. Dadurch können wir molekulare Entdeckungen mit klinischen Erkenntnissen verbinden und Innovationen in den Bereichen Prävention, Diagnose und Behandlung vorantreiben.
Diese werden den folgenden Schritten zugeordnet:
- Analytische Plattformen
- Molekulare Techniken
- In-vitro-Modelle für mechanistische und pharmakologische Studien
- Klinische Forschungsansätze
- Datenanalyse, Biostatistik und Bioinformatik
Mikrobiota-Darm-Gehirn-Achse bei Essstörungen-Studie
[gefördert durch der Interdisziplinären Zentrums für Klinische Forschung des Medizinische Fakultät (IZKF, UKJ), 2025–2028]
Unter der Leitung von Dr. Ananda Staats Pires, Postdoktorandin in der Gruppe von Prof. Lim, zielt dieser Vorschlag darauf ab, die zugrunde liegenden Mechanismen der Anorexia nervosa (AN) bei Jugendlichen zu erforschen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Mikrobiota-Darm-Gehirn-Achse. Anorexia nervosa ist eine schwere psychiatrische Störung, die durch gestörtes Essverhalten, ein verzerrtes Körperbild und eine hohe Sterblichkeitsrate gekennzeichnet ist. Trotz bestehender Behandlungsmethoden bleibt die Genesung eine Herausforderung, da ein erheblicher Teil der Patienten nicht auf die Interventionen anspricht.
Das Hauptziel unserer Studie ist es, zu untersuchen, wie mikrobielle Ungleichgewichte das Essverhalten und neuropsychiatrische Symptome beeinflussen. Durch die Integration von neuropsychologischen Bewertungen sowie Mikrobiom- und Metabolomikdaten wird die Forschung ein umfassendes Verständnis darüber liefern, wie diese Faktoren zu AN beitragen. Die Studie wird anhand einer Kohorte von sich in stationärer Behandlung befindlichen Jugendlichen klinische, psychologische und mikrobielle Profile bewerten, Zusammenhänge zwischen Mikrobiota und Essverhalten untersuchen und Veränderungen nach der Behandlung verfolgen. Zudem zielt diese Studie darauf ab, Biomarker zu identifizieren, die Behandlungsergebnisse vorhersagen könnten. Damit soll unser Verständnis von AN verbessert und gezieltere, mikrobiotabasierte Therapien entwickelt werden. Dieser multidisziplinäre Ansatz bietet Einblicke in die komplexen biologischen, psychologischen und verhaltensbezogenen Faktoren von AN und ebnet den Weg für wirksamere Interventionen.
ACE-DECODE-Studie - Belastende Kindheitserlebnisse entschlüsselt: Molekulare, psychosoziale, digitale und neuronale Charakterisierung
[gefördert durch das Deutsche Zentrum für Psychische Gesundheit (DZPG), VISION-Förderprogramm, 2025–2028]
Das Projekt „Belastende Kindheitserlebnisse entschlüsselt: Molekulare, psychosoziale, digitale und neuronale Charakterisierung“ (ACE-DECODE) untersucht, wie negative Kindheitserfahrungen (Belastende Kindheitserfahrungen, ACEs) durch molekulare und systemische Mechanismen langfristige psychiatrische Risiken beeinflussen. Ausgehend von der Erkenntnis, dass Kindheitstraumata ein bedeutender Risikofaktor für psychiatrische Erkrankungen im Erwachsenenalter sind und oft zu schlechteren klinischen Prognosen führen, zielt die Studie darauf ab, die derzeitige Wissenslücke hinsichtlich der zugrunde liegenden Mechanismen zu schließen. Durch die Entwicklung eines personenzentrierten Ansatzes werden im Rahmen des Projekts molekulare Muster, psychosoziale Variablen und digitale Marker sowie Bildgebungsverfahren des Gehirns und traditionelle klinische Faktoren untersucht, um eindeutige „ACE-Cluster” zu identifizieren. Das Kernziel besteht darin, die Zusammenhänge zwischen diesen Clustern und der Entwicklung bzw. dem Fortschreiten von psychischen Erkrankungen zu verstehen.
Zweihundert Jugendliche und junge Erwachsene mit hoher oder geringer ACE-Exposition werden anhand integrierter multimodaler Daten stratifiziert, darunter neuroaktive Metabolomik, Genexpression, digitale Phänotypisierung (z. B. Stimm- und Affektmarker), psychosoziales Profiling (z. B. Emotionsregulation, soziale Unterstützung) sowie strukturelle und funktionelle Magnetresonanztomographie (MRT). Darüber hinaus wird eine Untergruppe von Teilnehmern mit hoher oder geringer ACE-Exposition einer 3-Tesla-Neurobildgebung unterzogen, um die Struktur und Funktion des Gehirns zu untersuchen, mit Folgeuntersuchungen über 12 Monate, um den prädiktiven Wert der identifizierten ACE-Cluster für nachfolgende Gehirnmarker und klinische Verläufe zu bewerten. Die Studie wird gemeinsam von Dr. Lejla Colic und Prof. Lim geleitet und ist Teil einer nationalen Zusammenarbeit zwischen drei DZPG-Standorten.
Die Blut-basierte Metabolomik- und Transkriptomik-Profilierung ist von zentraler Bedeutung für das Ziel des Projekts, immunologische und metabolische Signaturen für Anfälligkeit, Resilienz und Behandlungsansprechbarkeit bei Stress in der frühen Kindheit zu identifizieren. Basierend auf einem systembiologischen Ansatz zielt die Studie darauf ab, die Genexpression mit Anpassungen auf Metabolitenebene zu verknüpfen und zu bewerten, ob neuroaktive Metaboliten biologisch bedeutsame Untergruppen für präventive und therapeutische Zielsetzungen definieren können.
LUKA - Leben und Umgang mit Klimasorgen und Alltagsstress
[intern finanziert]
Dieses Projekt unter der Leitung von Prof. Dr. Julia Asbrand in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Veronika Engert und Prof. Lim zielt darauf ab, unser Verständnis darüber zu vertiefen, wie Jugendliche biologisch auf psychosoziale und globale Stressfaktoren reagieren, um Strategien zur Früherkennung und Prävention von Stimmungs- und Angststörungen zu verbessern. Zwar ist Cortisol im Speichel nach wie vor der am häufigsten verwendete Marker für die Reaktivität der HPA-Achse, doch erfasst es nur einen begrenzten Aspekt der Stressreaktion und ist für umfassendere immunologische und metabolische Anpassungen nicht spezifisch genug.
Jüngste Fortschritte in der Stressbiologie und psychiatrischen Forschung, darunter Pilotstudien der Gruppe um Asbrand, haben dazu geführt, dass die Palette der Biomarker im Speichel um Moleküle erweitert wurde, die an der Immunregulation, dem oxidativen Stress und dem Energiestoffwechsel beteiligt sind. Von besonderem Interesse sind Metaboliten aus dem Tryptophan-Stoffwechsel, die sowohl auf psychischen Stress als auch auf Entzündungsreize reagieren. Diese Metaboliten werden zunehmend für ihre Rolle bei der Modulation der Neuroimmunfunktion und der Emotionsregulation während der Adoleszenz anerkannt – einer kritischen Phase für das Auftreten von Stimmungsstörungen.
Die Pilotstudie „Leben und Umgang mit Klimasorgen und Alltagsstress” untersucht, wie sich der Klimawandel als globaler Stressfaktor auf subjektive und physiologische Stressmarker und die damit verbundenen immunmetabolischen Anpassungen bei Jugendlichen (im Alter von 12 bis 17 Jahren) auswirkt, im Vergleich zu den Reaktionen, die durch einen typischen psychosozialen Stressfaktor ausgelöst werden. Außerdem wird untersucht, inwiefern diese biologischen Reaktionen mit Angst- und Depressionssymptomen zusammenhängen.
Weitere Informationen zur Studie finden Sie hier: https://www.fsv.uni-jena.de/53548/luka-leben-und-umgang-mit-klimasorgen-und-alltagsstress
Kontakt und Anmeldung: Per E-Mail an oder telefonisch unter +49 3641 9-45922
GUSTO & S-PRESTO - Growing up in Singapore Towards Healthy Outcomes” (GUSTO) und „Singapore PREconception Study of long-Term maternal and child Outcomes (S-PRESTO)
[finanziert durch x2 National Medical Research Council, Singapur – Young Individual Research Grants (2023 – 2026; 2025 – 2028)]
Dieses gemeinsame Forschungsprogramm vereint zwei sich ergänzende Projekte, die den Tryptophan-Stoffwechsel in der Plazenta als zentralen Mechanismus untersuchen, der die mütterliche Umgebung mit der lebenslangen Gesundheit des Kindes verbindet. Unter Nutzung der reichhaltigen Phänotypdaten der Mutter-Kind-Kohorten „Growing up in Singapore Towards Healthy Outcomes” (GUSTO) und „Singapore PREconception Study of long-Term maternal and child Outcomes” (S-PRESTO) integrieren die Studien metabolomische, transkriptomische und entzündliche Profile von Plazentagewebe mit detaillierten Daten zur pränatalen Exposition und longitudinalen Nachuntersuchungen der Kinder. Die Arbeit von Dr. Hannah Yong konzentriert sich darauf, wie pränataler psychischer Stress der Mutter und Entzündungen der Plazenta das Gleichgewicht des Serotonin-Kynurenin-Stoffwechselwegs verändern und so die neurologische Entwicklung, die kognitive Resilienz und die sozio-emotionalen Ergebnisse der Nachkommen beeinflussen. Das Projekt von Dr. Hidaya Suaini untersucht, wie die Ernährung der Mutter, Umweltgifte und eine Dysregulation des Tryptophan-Stoffwechselwegs die Entwicklung des Immunsystems und die Hautbarrierefunktion programmieren und so das Risiko für atopische Dermatitis im frühen Leben beeinflussen. Diese Projekte bilden gemeinsam einen zusammenhängenden Rahmen, um zu verstehen, wie die zustands- und merkmalsabhängige metabolische Anpassung der Plazenta die Auswirkungen verschiedener mütterlicher Expositionen auf die neurologische und immunologische Entwicklung des Kindes vermittelt. Das gemeinsame Ziel besteht darin, prädiktive Biomarker zu identifizieren und frühzeitige Interventionen zu ermöglichen, um die Gesundheit und Widerstandsfähigkeit von Kindern zu optimieren.
FLEX-ED – Schulbasierte Zusammenarbeit mit der Raffles Girls’ School (RGS) in Singapur zum Thema Bildungsresilienz
[intern finanziert]
Dieses Projekt, FLEX-ED (FLuxomic and EXploratory study on drivers of EDucational resilience and outcomes), wird gemeinsam von Prof. Lim und Partnern der RGS, dem Singapore National Institute of Education und dem A*STAR Institute for Human Development and Potential geleitet und zielt darauf ab, die biologischen, neurologischen und umweltbedingten Mechanismen aufzudecken, die dem „späten akademischen Aufblühen” bei Jugendlichen zugrunde liegen. Unter Verwendung eines systembiologischen Ansatzes wird die Studie Multi-Omik-Profiling (Epigenomik, Transkriptomik, Proteomik, Metabolomik, Mikrobiom), EEG-basierte Neurophysiologie, neuropsychologische Bewertungen und psychosoziale Messungen integrieren, um Biomarker und adaptive Muster auf Systemebene zu identifizieren, die mit akademischer Resilienz in Verbindung stehen. Durch die Kombination von Daten aus menschlichen Kohorten mit mechanistischen Erkenntnissen aus In-vitro- und In-vivo-Modellen wird die Forschung untersuchen, wie dynamische biologische Flexibilität mit Umweltfaktoren interagiert, um die kognitiven Fähigkeiten und Lernfortschritte von leistungsstarken Schülern aus Eliteschulen zu fördern. Das ultimative Ziel besteht darin, diese Erkenntnisse in evidenzbasierte, personalisierte Bildungsstrategien und politische Empfehlungen umzusetzen, die das latente Potenzial aller Schüler erkennen und fördern.