Dass etwas mit den Nieren ihres ungeborenen Sohnes nicht stimmt, hat Sindy Prätzel bereits früh in der Schwangerschaft während einer Vorsorgeuntersuchung bei ihrer niedergelassenen Frauenärztin erfahren. Bei der darauffolgenden Feindiagnostik konnte sie noch nicht über das mögliche Ausmaß aufgeklärt werden. Nach der Geburt bestätigte ein Ultraschall, dass die Nieren ihres Sohns Leon massiv gestaut sind. Außerdem waren seine Nierenwerte sehr schlecht. Der Grund: angeborene Harnröhrenklappen, sogenannte Urethralklappen. „Die sind wohl eine Laune der Natur“, erinnert sich Sindy Prätzel an die Diagnose zurück. Diese Schleimhautfalten engen die Harnröhre bei Jungs ein und verhindern, dass der Urin ausgeschieden werden kann. Durch den Aufstau des Urins können bereits im Mutterleib die darüber liegenden Harnwegsorgane wie Blase und Nieren geschädigt werden. Wie bei Leon.
Deshalb wurde er an seinem dritten Lebenstag mit akutem Nierenversagen ans UKJ verlegt – und dort sofort vom Team der Kinderchirurgie operiert. „Mit einem speziellen Laser haben wir die Harnröhrenklappen zerstört“, so Prof. Dr. Felicitas Eckoldt, Direktorin der Klinik für Kinderchirurgie am UKJ. „Die bisherigen Fehlentwicklungen von Blase und Nieren konnten wir dadurch zwar nicht rückgängig machen, aber weiteren Schaden abwenden.“ Zahlreiche Eingriffe folgten, bei denen die Harnleiter nach außen verlegt wurden, um Blase und Nieren vom zusätzlichen Druck durch den rückgestauten Urin zu entlasten. Oder bei denen Leon Katheter bekam, um seine Blase restfrei entleeren zu können. „Das alles sind jedoch keine Dauerlösungen, da es durch die Fremdkörper erwartungsgemäß immer wieder zu Harnwegsinfekten kommen kann“, weiß die Kinderchirurgin. Ein künstlicher Blasenausgang, ein sogenanntes Urostoma, ermöglicht es Leon jedoch bald, den Harn über eine Öffnung an der Bauchdecke abzulassen – und zwar sein Leben lang. Damit er außerdem so lang wie möglich mit seinen eigenen Nieren leben kann, arbeiten die Kinderchirurgen eng mit den Kindernephrologen der Kinderklinik zusammen. So kann der große Wunsch des lebensfrohen Siebenjährigen bald wirklich werden: im Sommer endlich in die Schule kommen.